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Seth Lakeman | Biografie - aktuell
Handwerk hat goldenen Boden. Dieses altehrwürdige Sprichwort passt als Leitmotiv vortrefflich auf das vorliegende Werk. Weniger, weil Seth Lakeman alle Songs seines nunmehr sechsten Soloalbums im Alleingang aufgenommen und produziert hat, sondern viel mehr, weil „Tales from the Barrel House“ ein prächtiges Konzeptalbum ist, bei dem der preisgekrönte Folkmusiker aus Devon seine geschichtsträchtigen Songs rund um vornehmlich handwerkliche Berufsgruppen gesponnen hat. Hier darf man eintauchen in die Geschichten von Minen- und Holzarbeitern, Kelterern und Uhrmachern, Seemännern und Schmieden. Selten zuvor hat sich Seth Lakeman im wahrsten Sinne des Wortes so tief in die historischen Wurzeln der Arbeiterklasse seiner Heimat hineingegraben. Er stieg sogar bis auf die Sohle einer ehemaligen Kupfermine hinab, um einen der Songs („More Than Money“) direkt vor Ort aufzunehmen. Die übrigen Songs – neben Eigenkompositionen auch ein paar überarbeitete Traditionals wie „Brothers from Penryn“ – wurden in der alten Böttcherei (das ‚Barrel House‘ im Titel des Albums), der alten Schmiede und anderen Werkstätten von Morwellham Quay aufgenommen, einem stillgelegten Minengelände samt viktorianischem Binnenhafen, idyllisch an einem Fluss gelegen, das heute zum Weltkulturerbe Devons gehört und ein öffentlich zugängliches Freilichtmuseum ist. „Tales from the Barrel House“ klingt aber alles andere als museal, sondern höchst spannend, stets filigran – ein durch und durch ambitioniertes musikalisches Unterfangen, durchwirkt von leicht morbidem Charme und einer bisweilen düsteren Atmosphäre. Ein perfekter Einstand auf dem eigenen Label Honour Oak.
Natürlich ist auch dieses Album geprägt vom virtuosen Geigenspiel Seth Lakemans, forciert von seinen treibenden Gitarren-Riffs, die in ihrer Kombination mit der Fidel den Stil dieses Folkmusikers ausmachen. Aber diesmal sind es vor allem die ortsbedingten, originären Sounds, die dem Album sein atmosphärisches Gefühl geben. Lakeman spricht hier etwa von einer „dirty viola“, aber man hört auch Banjo, Bouzouki, den eindringlichen Herzschlag einer alten Heilsarmee-Pauke oder die scheppernde Percussion aus ausgedienten Metallstücken und altem Werkzeug, die in und rund um die Mine und in den alten Werkstätten gefunden wurden. „Ich möchte mit dem Sound des Albums die Hörer mitten in die Mine hineinnehmen; ich möchte, dass sie die lebendige Geschichte derjenigen hören, von denen meine Songs handeln“, so Lakeman über die Aufnahmen und das Album, das sich wie schon sein Vorgänger „Hearts & Minds“ (2010) mit der Arbeiterklasse solidarisiert und durchaus Parallelen zwischen der Geschichte und der heutigen Gesellschaft zieht. „Es ist eine Hommage an die hart arbeitenden Minenarbeiter, an die Seemänner, an geschickte Facharbeiter und Handwerker, die für wenig Geld arbeiten mussten, aber stolz waren auf das, was sie schufen. Ich weiß, dass die Aufnahmen von einigen vielleicht als zu rau oder zu roh beurteilt werden, aber für mich war das genau der Sinn der ‚Tales from the Barrel House‘“.
Seth Lakeman zählt zu den wegweisenden Pionieren der blühenden britischen Folkszene. Von der Times als „new folk hero“ gefeiert, wurde Lakeman bereits mit zwei BBC Folk Awards ausgezeichnet und 2005 für den Mercury Prize nominiert. Sein vorletztes Album „Poor Man’s Heaven“ (2008) schaffte es bis in die UK Top Ten und verkaufte über 100.000 Einheiten, was für ein Folkalbum einen immensen Erfolg bedeutet. Auch in Deutschland kamen seine bisherigen Tourneen und Alben sehr gut an: „Exquisite Band – exzellent aufeinander eingestellt“, lobte der Tagesspiegel bei der jüngsten Konzertreise von Seth Lakeman und seiner Band. Das Magazin Stern kürte seinen letzten UK-Top-20-Erfolg „Hearts & Minds“ sogar zum Album der Woche. In diesem Frühjahr kommt Seth Lakeman einmal mehr auf Europatournee, sicherlich nicht nur mit seinen Zeit und Raum durchforstenden „Tales from the Barrel House“ im Gepäck. Von diesem jungen und blendend aussehenden Folkhelden mit der charismatischen Stimme darf man wieder mitreißende Auftritte erwarten, wenn er sein Publikum auf abenteuerliche musikalische Reisen entführt. Ein Handwerk, auf das sich Seth Lakeman perfekt versteht.
Und wie heißt das englische Pendant zum eingangs erwähnten Sprichwort so schön:
A trade in hand finds gold in every land.