Mnemonic | Biografie

  • Roachford

Nordischer Jazz ist eine feste Größe in der Welt der Musik. „Mnemonic“, das neue Album des norwegischen Multitalents Knut Bjørnar Asphol, ist zwar kein reines Jazzalbum, kommt jedoch den  Arbeiten von hierzulande bekannten norwegischen Jazzern wie Terje Rypdal und Nils Petter Molvaer recht nahe. So wundert es nicht, dass mehrere Jazzlabel u.a. ECM Angebote für KBA abgegeben haben. Die acht Tracks des weit über eine Stunde reichenden Albums sind geprägt von einer Klangästhetik, die zum Träumen verleitet. Asphol fungiert hier zugleich als multiinstrumentaler Musiker, Songwriter und Produzent. Wie in Trance kombiniert er erlesene Klangpartikel aus Jazz und Ambient, Electronic und World Music zu einer mystisch anmutenden Einheit. „Mnemonic“ ist ein sphärisches Wunderwerk von meditativer Kraft, das wirkt wie der viel beschworene Soundtrack zu imaginären Filmen.   

Asphols schillernde Biographie offenbart einen ausgeprägten Sinn für Klangästhetik, keinerlei Berührungsängste mit kommerzieller Musik und ein enormes technisches Know-how. Der im norwegischen Molde geborene Musiker entwickelte schon früh ein kompositorisches Talent. Mit sechs Jahren lernte er Gitarre spielen und hatte bis zu seinem 13. Lebensjahr bereits 80 Songs selbst komponiert. War er anfangs noch vornehmlich an klassischen Rockbands interessiert, beeinflusste ihn mit den Jahren das renommierte Molde International Jazz Festival mehr und mehr. Sein Interesse an improvisierter Musik wurde zunehmend stärker und er entdeckte Gitarrengötter wie Yngwie Malmsteen und Jimi Hendrix ebenso für sich wie die Jazzgrößen John Scofield, Pat Metheny und Terje Rypdal. 

1998 schloss Knut Bjørnar Asphol sein Musikstudium an der Universität von Oslo mit einer Dissertation über Klangverzerrung („Exploring Distortion“) ab, aus deren bahnbrechenden Forschungsergebnissen ein neues Studienfach hervorging. Seine Erfahrungen als freier Musiker flossen auch in seinen ersten Job als Produzent der Masterpool Studios ein, wo er unterschiedlichste Aufnahmen betreute und produzierte. Hier etablierte er schließlich auch ein analoges Mastering-Studio, das zu den besten der Welt gehört. Im Jahr 2003 nahm er mit seiner Band Monopole als Musiker und Komponist am norwegischen Eurovision Wettbewerb teil. Zwei Jahre später schloss er sich der Gothic-Rock-Formation Postscriptum an, mit der er 2007 das international hoch gelobte Album „Prophet Deny” veröffentlichte und durch etliche Länder Europas tourte. Im Jahr 2009 verließ er die Band jedoch wieder, um den vielen Anfragen als Produzent und Mastering-Toningenieur nachkommen zu können. So produzierte er zum Beispiel  „Visa vid vindens ängar”, das Album des Eurovision-Song-Contest-Gewinners Alexander Rybak. Insgesamt hat Asphol bis heute an mehr als 200 Alben als Musiker, Komponist, Produzent und respektive oder Toningenieur mitgewirkt.

Neben seinem Engagement bei Postscriptum und seiner intensiven Produzententätigkeit fand Knut Bjørnar Asphol jedoch noch immer genügend Zeit für eigene Projekte. Inspiriert wurde er dabei von skandinavischen Jazzalben wie Bugge Wesseltofts „New Conception of Jazz" und Nils Petter Molvaer's „Khmer" ebenso wie von dem Massive-Attack-Albumklassiker „Mezzanine", eines seiner absoluten Lieblingsalben, das seinem Faible für genreübergreifende Klangexperimente mit Samples, Beats und Gitarrensounds entgegenkommt. Als Knut Bjørnar Asphol im Jahr 2007 den Soundtrack für den Dokumentarfilm „Tikopia” gestalten durfte, konnte er seine neu entflammte Leidenschaft für Jazz und Electronica ausleben. Beseelte Songs der Inselbewohner von Tikopia kombinierte er geschickt mit Electro-Beats und Gitarrensounds. Unter dem Namen A'spool ging aus diesen Soundtrack-Arbeiten ein Jahr später das Album „Organic Ocean” hervor, ein prachtvolles Werk ätherischer Klangkunst.

Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Entwürfe für „Mnemonic”, ein Album, das langsam heranreifte wie ein guter Wein. Für die Verwirklichung seiner Klangvisionen arbeitete Asphol mit einigen hervorragenden Musikern zusammen,  darunter der Schlagzeuger Torstein Loftus (Shining, Elephant9, Mathias Eick) und die drei Bassisten Audun Erlien (Nils Petter Molvaer, Eivind Aarset, Dhafer Youssef), Lewi Bergrud (7 Days and a Miracle, Narum) und Magnus Westgaard (Fountainheads, A1), die alle auf ihre eigene Art und Weise ihre Spuren hinterließen. Ein ganz besonderes Highlight ist “Spaces” mit dem gefeierten Trompeter Arve Henriksen, der diesem lichten Stück sein ganz eigenes Charisma verliehen hat und an die legendären Arbeiten von Brian Eno und Jon Hassell erinnert. 

Die meisten Tracks von „Mnemonic” bestechen durch einen Hauch von Mystik. Der Titelsong baut sich langsam auf und kulminiert nach einem Amalgam aus verzerrten Samples und pulsierenden Beats in eine wunderschöne Gitarrenmelodie, die zeigt, dass Asphol durchaus Pop-Appeal hat. Auch der glockenhelle Gesang und die keltisch anmutende Melodieführung von Sigrey in „Atmosphere” demonstrieren Asphols feines Gespür für Pop-Melodik. Und während „Black Shadows“ mit stilistischen Versatzstücken von Rockmusik kokettiert, „Sonic Blizzard“ sogar in klassischen Western-Motiven wurzelt, setzt  „Oriental Desert” mit seinen Samples arabischer Musik ganz auf den Zauber von World Music. 

Es gibt auf jeden Fall jede Menge zu entdecken auf diesem Album der kaleidoskopischen Atmosphären und außerirdisch schönen Klänge. Der Ambient Jazz aus Norwegen hat in Knut Bjørnar Asphol einen weiteren wahren Meister seines Fachs hervorgebracht.  

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