Tabloid Red | Biografie

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“And just as music is the space between notes, just as the stars are beautiful because of the space between them, just as the sun strikes raindrops at a certain angle and throws a prism of colour across the sky - so the space where I exist, and want to keep existing, and to be quite frank I hope I die in, is exactly this middle distance: where despair struck pure otherness and created something sublime.”

Karl Ove Knausgård, Min kamp 1

Die Natur hat es gut gemeint mit Norwegen. Polarlichter, Mittsommernacht und all die endlosen Fjorde, deren Wasserkraft dem Land Energie ohne Ende garantiert. Sommer, in denen es nicht richtig dunkel wird, lange Winter, in denen es nicht richtig hell wird. Und so episch wie das sechsbändige Werk des norwegischen Bestsellerautors Karl Ove Knausgård, in dem er akribisch sein Leben beschreibt und zum weltweit gefeierten Schriftsteller avancierte, so episch und atmosphärisch geht der Musiker und Produzent Knut Bjørnar Asphol an seine Werke heran. „Tabloid Red“, sein neues und nunmehr viertes Album, entstand in enger Zusammenarbeit mit dem norwegischen Produzenten Jan Bang und dem Toningenieur Erik Honoré im Punkt Studio in Kristiansand.

Bewegte sich Knut Bjørnar Asphol als Gitarrist mit seinen mehr dem Ambient Jazz zugewandten Soloalben, insbesondere mit „Mnemonic“ (2011) und „Wilderness Exit“ (2013), auf den Spuren von norwegischen Größen wie Jan Garbarek, Terje Rypdal oder Nils Petter Molvær, setzt er auf nun ganz auf Stimmungen und Atmosphäre. „Tabloid Red“ ist ein Ambient-Album, das am an die klassischen Werke von Brian Eno erinnert. Vielleicht sollte man bedenken, dass Asphol sein Musikstudium in Oslo mit einer bahnbrechenden Arbeit über Klangverzerrung (Distortion) abgeschlossen hatte und noch heute ein wahrer Meister der gediegenen Klangverfremdung ist. So verwandelt sich auf den neun Tracks von „Tabloid Red“ sein Gitarrenspiel zumeist in sphärische Klangflächen, in denen mal Alltagsgeräusche wie in „The Silver Thread“ eingearbeitet, mal perkussive Elemente via Sample respektive Programming eingefügt werden. Lediglich die beiden Stücke „Lunar“ und „Vertical“ sind reine Gitarrensolostücke, die sich gleichwohl jeglicher Stilrichtung entziehen.

Für weitere Akzente auf dem wie ein dunkler Fluss langsam dahinfließenden Album, dessen Atmosphäre einem Film noir gleichkommt, sorgen auf verschiedene Tracks verteilte Gastmusiker wie Harpreet Bansal (Violine), André Kassen (Saxophon), Torstein Lofthus (Schlagzeug) und Ole Brandsnes Vårtun (Piano). Aber die cineastisch anmutende Verdichtung aller Klangquellen ist letztlich dem Fingerspitzengefühl von Jan Bang zu verdanken, der gemeinsam mit Erik Honoré für nahezu alle Samplings und das Programming verantwortlich zeichnet. Jan Bang hat in den letzten Jahren nicht nur mit diversen Jazzmusikern gearbeitet, sondern sein feines Klanggespür vor allem in den Grenzbereichen zwischen Elektronik, Jazz und Klangexperiment zur Geltung kommen lassen. Er hat wie Asphol selbst schon Soundtracks für Filme komponiert und aufgenommen, und diese gemeinsame Erfahrung des Bilder-im-Kopf-Erzeugens kommt nun auch „Tabloid Red“ zugute.

Knut Bjørnar Asphol ist ein äußerst umtriebiger Musiker und Produzent. So war er vor einigen Jahren eine Zeit lang Gitarrist bei der Gothic-Rock-Formation Postscriptum, produzierte das Debütalbum des Grand-Prix-Siegers Alexander Rybak, betreibt ein eigenes Studio (in dem auch „Tabloid Red“ gemastered wurde) und arbeitete zuletzt mit der indischen Violinistin Harpreet Bansal zusammen, mit der er im letzten Jahr das Album „Ragatronic“ veröffentlichte. Seit dem letzten Jahr nun pflegt er Kontakt zu Jan Bang, der gemeinsam mit Erik Honoré seit einigen Jahren in Kristiansand ein Festival für experimentelle Musik ausrichtet. Zweifellos ist „Tabloid Red“ für einen solchen Event geradezu geschaffen, ist es doch das experimentellste Werk von Knut Bjørnar Asphol.

Ein Ambient-Juwel von gravitätischer Schönheit, das viel Muße erfordert und uns auf eigenwillige Art und Weise die Langsamkeit neu entdecken lässt. Norwegian Mood!

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